Verfasst von: Patrick | 2010/06/26

PHTLS II

Da hab ich Euch ja ganz schön vernachlässigt… ich hatte zu viel zu tun, wir sind zur Zeit knapp besetzt weil sich die leitende Oberärztin meiner OP-Abteilung mal eben für sechs Monate verabschiedet hat um ihr Sommerhäuschen auf Vordermann zu bringen. Danke! Jetzt habe ich erstmal Urlaub:  F Ü N F  W O C H E N !!! und somit vielleicht etwas mehr Zeit… oder auch nicht, wir müssen Teile des Hauses streichen, ich muss endlich die Garage aufräumen und dann wollen wir natürlich auch noch wegfahren.

Achja, Kurs war ja auch noch. Wie bei den Amis so üblich hat der Kurs ein strenges Gesamtkonzept was in diesem Fall Buch lesen und  Eingangstest beinhaltete. Der Test war unproblematisch, aber das Buch war zeitaufwändig weil dick. Da wir (mein Kollege D. und ich) für den Kurs vor Ort keinen Platz mehr bekommen hatten durften wir auf Kosten unseres Arbeitgebers ins 300km entfernte S. fahren und dort fein im Hotel mit Blick aufs Wasser wohnen. Da der Kurs am Montag ziemlich zeitig anfing sind wir schon am Sonntag angereist. Schöne Fahrt aber ich kann den Golf  1,6 Multifuel nicht empfehlen, sehr zäh und säuft wie ein Loch, ich glaube nicht dass sich das wirklich lohnt mit dem Ethanol. Zurück zum Thema. Der Kurs teilte sich auf in Vorlesungen und praktische Übungen. Letztere waren wirklich lustig. Patient mit Kragen, KED-Weste raus aus dem Auto aufs Spine-Board, anständig verpacken und ab. Das wichtigste an diesem Kurs ist die ABCDE-Systematik, die ja aus dem ATLS-System kommt, zu verinnerlichen. A Airway & cervical stabilization, B Breathing, C Circulation, D Disability, E Exposure… das wird gepaukt und in jedem Fallbeispiel durchgezogen. Der Sinn ist so schnell wie irgendmöglich lebensbedrohliche Zustände zu erkennen, nach Möglichkeit zu behandeln und alles was nicht direkt lebenswichtig ist während des Transportes machen. Das Ziel ist die Zeit vor Ort nicht länger als zehn Minuten werden zu lassen. Das kann man jetzt sehen wie man will und ich habe nicht die Absicht die Sinnhaftigkeit dieser Systematik zu diskutieren, aber ich glaube, dass es absolut Sinn macht standardisiert vorzugehen um sich nicht mit unwichtigem Kram aufzuhalten. Unterm Strich war der Kurs jetzt nicht essentiell für meine tägliche Arbeit, aber es war gut zu sehen wie hier im Rettungsdienst gearbeitet wird und für die seltenen Gelegenheiten, bei denen wir mit raus fahren ist es auf jeden Fall gut die PHTLS-Sprache sprechen und sich halbwegs ins Team einfinden zu können.

Jetzt ist erstmal Urlaub…


Antworten

  1. Von diesem (neuen) System, beim Patienten vor Ort wirklich nur das allernotwendigste zu machen und den Rest dann auf dem Weg in die Klinik habe ich auch schon gehört. Leider habe ich es noch nicht in der Realität erlebt. Bei den (wenigen) 24-Stunden-Schichten, die ich freiwillig auf dem RTW meiner Hilfsorganisation mitgefahren bin, wurde vor Ort meistens das komplette Programm abgespielt, bis es dann ins Krankenhaus ging. Mal sehen, wie schnell sich das (neue) System durchsetzen wird…

    • Sinn macht das nur, wenn möglichst das gesamte Personal diesen Kurs (PHTLS oder ITLS) besucht hat. Die sind nicht billig und das schreckt wahrscheinlich die meisten Betreiber ab. Wahrscheinlich gibt es auch plausible Argumente die für ein erweitertes „stay & play“ sprechen, ich meine mich an eine Studie aus Bonn zu erinnern die ein englisches oder amerikanisches System mit einem deutschen (Bonn eben) verglichen haben. Allerdings muss man sagen, dass z.B. in Nord-Schweden die Abstände immens sind und jede Minute die man vor Ort spart wichtig ist, gleiches gilt sicherlich für entlegene Gebiete in anderen Ländern. Fakt dürfte sein, das einem Patienten mit z.B. inneren Blutungen eine ausgedehnte eine chirugische Versorgung brauchen. Das ABCDE-Schema hilft Prioritäten zu setzen, mehr nicht.

  2. Die Idee dahinter ist einfach. Alles was Zeit kostet und keinen Effekt auf dass Outcome hat wird unterlassen. ( bei ITLS wird sogar auf eine Analgesie verzichtet, da sich kein positiver Effekt auf das Outcome nachweisen lässt, es kostet nur Zeit.) Ist halt evidenz-basierte Medizin. Viele Erfahrungen kommen aus dem militärischen Bereich. Als Beispiel ist ein Verwundeter aus dem Irak innnerhalb von 48 Stunden in Rammstein. Eine endgültige Versorgung kann halt nur im KH stattfinden und nicht auf der Straße. In den 70ger Jahren gab es im Verhältnis weniger Menschen, die an schweren Blutungen gestorben sind als heute. Hängt damit zusammen, dass in den 70gern einladen und losfahren die einzige Behandlungsstrategie war und heute einfach zuviel Zeit am Einsatzort „verdaddelt“ wird mit klein Kram wie“ ich will jetzt doch noch nen 2ten Zugang haben etc“. Infusionstherapie rückt ebenfalls immer weiter in den Hintergrund.

    • Zugang, Analgesie, Infusion… alles Kram den man während des Transportes machen kann… sofern sich der Transport ohne Analgesie starten lässt 😉


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